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  • Geschichte unserer Sternenkinder

Die Geschichte von Leonie und Tim

Teil 1 Sternenkind Leonie



Im April 1995 wurde nach einer unbeschwerlichen und problemlosen SS (mit 3 x US) unsere große Tochter geboren.

Zu meinem Glück fehlte jedoch ein zweites Kind. Hab ca. 10 Jahre gebraucht, meinen Mann zu überzeugen. Immer fand er einen Grund, dass nicht der passende Zeitpunkt wäre. Aber wann ist der schon?????


Wie groß war meine Freude, als er sich dann doch noch für ein 2. Kind entschied. Das war im März 2007. Noch größer war sie, als es gleich im 1. Übungszyklus geklappt hat.

Leider verlief die SS seit der 13. SSW unter einem schlechten Stern. Beim Ersttrimesterscreening wurde eine Nackenfalte von 8,6 mm gemessen.

Zwei Tage später wurde eine Chorionzottenbiopsie durchgeführt und es gab Entwarnung. Bis auf die erhöhte NT wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Wir erfuhren, dass wir wieder eine Tochter bekommen würden. Wir freuten uns. Allerdings wurde die Freude etwas getrübt, denn im Befund stand: "Wir weisen darauf hin, dass bei einer Chorionzottenbiopsie (insbesondere nach einem auffälligen sonographischem Befund) nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Nachweis eines unauffälligen weiblichen Karyotyps möglicherweise mütterliche Zellen untersucht wurden.“ Aber ich versuchte positiv in die Zukunft zu schauen. Uns wird es doch nicht treffen?


Leider war bei jedem Ultraschall die Nackenfalte verdickt. Mein Frauenarzt vertröstete uns immer auf die Feinsonographie. Als ich die ersten Bewegungen spürte, war ich wieder voller Hoffnung. Doch dann spürte ich die Maus am Wochenende nicht. Unser Urlaub lag vor uns und wir wollten am Dienstag darauf in ein Feriendorf fahren. Ich war Ende 18./Anfang 19. SSW. Meine Familie wollte ich nicht beunruhigen und sagte nichts. Am Montag sagte ich dann doch zu meinem Mann: „Ich möchte lieber noch einmal zum Frauenarzt fahren, denn ich habe ein ungutes Gefühl. Ich spüre die Kleine nicht.“ Mein Mann fuhr mich sofort hin. Der Frauenarzt machte Ultraschall und wunderte sich, dass unsere Maus sich nicht bewegt. Er sagte, dass sie etwas wenig Fruchtwasser hat. Mein Mann fragte, ob wir lieber einen Spezialisten aufsuchen sollten.

Aber mein Arzt vertröstete uns wieder auf die Feinsonographie, welche in 14 Tage stattfinden sollte. Er meinte noch, wenn das Herz schlägt, ist doch alles in Ordnung.


Aber ich konnte nicht so lange warten, ich war zu unruhig.


So rief ich in der Uniklinik an, wo die Feinsonographie stattfinden sollte. Auch dort wurde ich vertröstet, ebenfalls nach dem Motto "so lange das Herz schlägt, ist alles gut". Man konnte mich nicht dazwischen schieben. Ich konnte aus Sorge nicht auf die Feinsonographie warten und rief noch einen Spezialisten an. Dort wurde ich auch erst vertröstet. Nachdem ich sagte, dass ich fix und fertig bin, durften wir am nächsten Tag 16 Uhr doch vorbei kommen.


So fuhren wir nicht in den Urlaub, sondern zu dem Spezialisten. Wir waren um 18 Uhr die letzten Patienten. Der Arzt schaute sich die Befunde an, die ich mit hatte und meinte, es sieht doch alles gut aus. Dann kam der Ultraschall und seine Worte werde ich nie vergessen. Er sagte wortwörtlich: "Um Gottes Willen, Kinder! Das könnt ihr sofort abbrechen.“ In mir brach eine Welt zusammen. Er meinte noch: "Die Maße stimmen überhaupt nicht, es ist etwa 2 Wochen zurück. Das hätte schon längst beendet werden können." und "Es kann sich gar nicht bewegen, es ist ein Trockenschwimmer. Da ist kein Fruchtwasser mehr da." Die Herztöne wurden überprüft und da setzen sie schon ab und zu aus. Er sagte: "Das Herz schlägt höchstens noch 2-3 Tage. So lange müsst ihr aber nicht warten." Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Arzt rief gleich in der Uniklinik an, wo ich am nächsten Tag um 9 Uhr erscheinen sollte. Der Arzt war zwar sehr robust, aber der kompetenteste Arzt, bei dem ich bis dahin war. Zu Hause habe ich mit meiner großen Tochter geweint. An Schlaf war nicht zu denken, immer wieder fing ich zu weinen an.


Am nächsten Tag, am 15. 08., waren wir pünktlich in der Uniklinik und zwischen halb und um 11 endlich an der Reihe. Zuerst wieder ein Gespräch, dann der US. Die Ärztin (sehr nett) sagte: "Es ist zwar im Moment kein Trost für Sie, aber die Natur ist Ihnen zuvor gekommen. Das Herz schlägt nicht mehr." Obwohl wir wussten, dass wir unser Kind verlieren, konnte ich es nicht realisieren. Es brach eine Welt in mir zusammen. Wieder fing ich zu weinen an.

Auch diese Ärztin sagte, dass die Kleine ca. 2 Wochen zurück ist und die Schwangerschaft schon längst hätte beendet werden können. Sie rief gleich auf der Wöchnerinnenstation an, ob ein Bett frei ist. Der nächste Schock für mich. Sie sah meinen Blick und beruhigte mich: "Wir haben einen Teil für solche Fälle abgetrennt."

Zum Glück bekam ich ein Einzelzimmer. Es kamen dann ein Arzt und eine Psychotherapeutin (sie habe ich allerdings nicht wahrgenommen). Der Arzt erklärte uns, wie es nun weiter geht. Ich bekäme ab 14 Uhr aller 4 Stunden eine Tablette, welche die Wehen auslösen sollten. Wenn bis zum nächsten Tag 14 Uhr nichts passiert, wird die Dosis auf 1 1/2 Tabletten erhöht und am übernächsten Tag auf 2...

Es kann schnell gehen, aber sich auch 4-5 Tage hinziehen.

Der nächster Schock!


Dass die Kleine bereits nicht mehr lebte, war nicht gerade förderlich. Ich stand neben mir und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich habe mich zusammen gerissen, nicht wieder zu weinen, habe nur geschluchzt, den Kopf geschüttelt oder genickt. Bei diesem Gespräch wurden wir auch auf eine Sammelbestattung angesprochen und ob wir eine Karte mit den Fußabdrücken haben möchten. Aber ich konnte nur den Kopf schütteln. Mein Mann sagte gar nichts. Auch wurde mir psychologische Betreuung angeboten, worauf ich jedoch nicht reagierte.

14 Uhr bekam ich die erste Cytotec. Auch diese Nacht schlief ich kaum und weinte immer wieder.


Am 16.08.2007 brachte ich unsere Leonie in der 19. SSW um 9:40 Uhr still zur Welt.

Es war zwar nicht schmerzhaft, aber das Gefühl werde ich wohl nie vergessen. Es war so still, sollte ein Baby nicht nach der Geburt schreien? Aber es blieb still, zu still. Ich fing sofort an zu weinen. Die Ärztin sagte: "Drehen Sie den Kopf weg. Es wäre nicht lebensfähig gewesen." Ich wollte unsere Tochter auch nicht sehen.

Am Entlassungstag war die Psychologin noch einmal bei mir. Wir haben ein längeres Gespräch geführt. An diesem Tag ging es mir "relativ gut".

Es war überstanden und ich wollte alles hinter mir lassen. Sie gab mir ihre Telefonnummer, ich dachte brauche ich eigentlich nicht. Aber es kam doch anders...


Wir fuhren am kommenden Tag mit dem Einverständnis des Klinikarztes und meines Frauenarztes in den Urlaub. Am ersten Morgen, wir waren in einem Feriendorf, wurde mir unser Verlust beim Frühstück erst richtig bewusst. Es waren so viele Familien mit kleinen Kindern und auch ein paar Schwangere da. Mein Brötchen habe ich dann gar nicht hinter bekommen. Im Zimmer fing ich dann wieder zu weinen an.

Meine Familie tröstete mich so gut sie konnte. Wir brachten den Urlaub dann so gut es ging hinter uns. Ich hatte immer wieder Tiefs, so dass ich mich entschied, die Psychotherapeutin doch anzurufen. Ich denke, dass im Krankenhaus der Schock überwog oder es eine Art Schutzmechanismus war, dass es mir „relativ gut“ ging.

Ich nahm dann doch das Angebot der Psychologin an und vereinbarte einen Termin bei ihr.

Die kommenden Wochen und Monate wurde ich immer wieder von Tiefs geplagt. Mein Mann stand mir meist und meine Tochter mir immer zur Seite. Leider konnte mein Mann nicht wirklich verstehen, weshalb ich so lange trauerte. Der Kinderwunsch war verschwunden.


Bei der pathologischen Untersuchung wurden Hinweise auf eine Chromosomenaberration im Sinne von Monosomie X0 (UTS) gefunden. 100%ig konnte dies aber nicht nachgewiesen werden, da aus dem zur Untersuchung eingesandten Materials kein Zellwachstum mehr stattfand.


Später bereute ich bitter, dass ich unsere Tochter nicht gesehen habe. Ebenso bereute ich, dass ich sie nicht bestatten lassen habe.

Ich war mehrfach bei der Psychologin. Die Gespräche taten mir sehr gut, auch wenn ich mich nicht immer richtig öffnen konnte.



Irgendwann kam der Kinderwunsch zurück. Ich konnte jedoch nicht vor dem errechneten Entbindungstermin, dem 11.01.2008, beginnen. Das wäre mir falsch vorgekommen.



- Das ist die Geschichte von Leonie, unserem Sternenkind, gestorben in der 19. Schwangerschaftswoche -

Gastbeitrag von Sandra (@sternchenleonieundtim)





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